Samstag, 5. September 2009

fürs ökologische Gleichgewicht...

Die Murmeltierjagd in Südtirol ist natürlich kein Fall für Artenschutzinitiaven sondern primär ein Reibepunkt für die heimischen Tierschützer. Die Erdhörnchen scheinen auf Roten Listen kaum auf, die Populationen in den Alpen scheinen stabil zu sein und sind mit einer ausreichenden genetischen Vielfalt ausgestattet (im Gegensatz zu den alpischen Steinbockpopulationen). Warum es diese Meldung doch in diesen Blog geschafft hat, ist vielmehr die Begründung mit der die Jagd gerechtfertigt wird: "Durch übermäßige Vermehrung wird das ökologische Gleichgewicht gefährdet". In Vergangenheit war man noch so ehrlich den Abschuss durch die Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Flächen zu begründen. In der Tat können Murmeltierbauten die Bewirtschaftung von Mähwiesen oberhalb der Waldgrenze erschweren. Wenn man ganz ehrlich wäre müsste man auch hinzufügen, dass ein Teil unserer Freizeitgesellschaft liebend gerne ein Murmeltier schießt und sich präpariert in die Stube stellt. Die Jägerschaft ist schließlich durch die hohe Mitgliederzahl und ihr politisches Gewicht eine einflussreiche Gruppe und Lobby im Lande, der man auch gerne in Landtag und Landhaus entgegenkommt.
Aber zurück zum ökologischen Gleichgewicht. Die Populationsgröße des Murmeltieres ist hauptsächlich an zwei Faktoren gekoppelt: an der Härte des Winters und an der Anzahl ihres primären Fressfeindes, dem Steinadler. Mit dem Steinadler stellt sich dabei eine klassische Räuber-Beute-Beziehung ein, sprich eine hohe Murmeltierpopulation (etwa durch einen milden Winter) fördert die Steinadlerpopulation. Diese Förderung dezimiert wiederum die Murmeltierpopulation. Es ist eine Beziehung die zeitlich versetzt wirkt, nachdem die Größe der Steinadlerpopulation ja nicht sofort reagieren kann. Der Mensch spielt in diesem Szenario eine nebensächliche Rolle. Er kann das Gleichgewicht in eine Richtung verschieben, etwa durch Fütterung oder Veränderung des Lebensraumes. Auf jeden Fall stellt sich aber immer ein neues ökologisches Gleichgewicht ein. Das heißt, das ökologische Gleichgewicht muss nicht durch einen Abschuss gefördert oder gar bewahrt werden.

Ähnlich fehlinterpretiert wird häufig der vermeintliche Rückgang des Feldhasen in Südtirol. Dabei wird vielfach der fehlende Abschuss des Rotfuchses dafür verantwortlich gemacht. Eine Theorie die einer Prüfung nicht standhalten dürfte. Auch hier stellt sich eine Räuber-Beute-Beziehung ein, sprich die Rotfuchspopulation wird zwangsläufig durch eine hohe oder niedrige Feldhasendichte beeinflusst. Die Feldhasenpopulationen in Südtirol wurden wohl durch andere Faktoren dezimiert: zahlreiche Tiere fallen dem Autoverkehr zum Opfer, die Kulturlandschaft Südtirols wurde in den letzten Jahren streckenweise eintöniger und auch die Auflassung des Getreideanbaues könnte dabei eine Rolle gespielt haben. Untersuchungen darüber wären allerdings wünschenswert.


Webtipp: abgesehen vom Internetportal Wikipedia (etwa unter Räuber-Beute-Beziehung, Feldhase, Alpenmurmeltier) liefert auch eine Südtiroler Seite zahlreiche Informationen über die Südtiroler Wildtiere: http://www.jagd.it/



Der Kommentar nimmt Bezug auf einen Artikel vom 3.9.2009, erschienen auf STOL(http://www.stol.it/Artikel/Politik/Lokal/Gruene-protestieren-gegen-Abschuss-von-1.000-Murmeltieren-in-Suedtirol. Hier der Artikel:

Grüne protestieren gegen Abschuss von 1.000 Murmeltieren in Südtirol
Das Land Südtirol hat für September erneut 1.026 Murmeltiere zum Abschuss freigegeben. Begründet wird dies damit, dass „durch übermäßige Vermehrung das ökologische Gleichgewicht" gefährdet sei.


Bei den Grünen rief dieses Dekret heftigen Widerstand hervor. Für sie fehle dafür jede gesetzliche Grundlage und es sei deshalb „unverzüglich zu widerrufen", hieß es in einer Aussendung am Donnerstag. Die Ermächtigung sei erfolgt, obwohl bereits im Vorjahr ein entsprechendes Dekret annulliert wurde. Damals wurde auf Antrag der Vereinigung LAV (Lega Anti Vivisezione) die Genehmigung des Landeshauptmannes, die den Abschuss von 1.970 Murmeltieren vorsah, vom Verwaltungsgericht vorläufig ausgesetzt und am 16. Juli 2009 endgültig annulliert. Im Gegensatz zum restlichen Staatsgebiet, wo der Abschuss von Murmeltieren ausnahmslos verboten ist, dürfen laut Südtiroler Landesjagdgesetz Murmeltiere erlegt werden, wenn die Art „durch übermäßige Vermehrung das ökologische Gleichgewicht, die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, die Fischereiwirtschaft, den Wildbestand oder die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit gefährdet". Dass von den Murmeltieren eine konkrete Gefahr ausgehe, habe bisher noch nie dargelegt werden können, meinten die Grünen.

1 Kommentar:

  1. Ich habe bezüglich der Murmeltierjagd/Tötungen von Tieren folgenden Leserbrief an die Zeitung "Corriere dell'Alto Adige" gesendet und wurde auch veröffentlicht:

    No all’uccisione delle marmotte; No all’uccisione degli animali.
    Rispettiamo e amiamo gli animali. Un no deciso all’uccisione delle marmotte e degli animali. Anche loro hanno il diritto di vivere e gli uomini non possono decidere il momento della loro morte e non possono ammazzarli. Abbiate rispetto per la vita degli animali. Anch’essi sono esseri viventi e come tali vanno trattati! Mi domando quale uomo può essere in grado di uccidere un animale? Per una persona che non farebbe mai del male alla specie animale questo concetto è inammissibile. Gli esseri umani devono considerare gli animali come essere viventi, anch’essi con sentimenti ed emozioni, etc. come persone. Gli uomini devono imparare a modificare il loro atteggiamento nei confronti degli animali. Amore e non uccidere. Coloro che amano non uccidono.

    Dr. Christa Pardeller (www.christapardeller.wordpress.com)

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