Freitag, 31. Juli 2009

"Stille Laute Post"

(Aus ff 31 vom 30. Juli 2009)

Wie der Südtiroler Bauernbund auf das nächste Omnibusgesetz Einfluss nimmt und die eh schon löchrigen Landschaftsschutz- und Raumordnungsbestimmungen knacken will.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, sehr geehrte Herren Landesräte, wir übermitteln Ihnen hiermit unsere Bemerkungen und Ergänzungsvorschläge für das sich in Behandlung befindende Omnibusgesetz.“ Das vierseitige Schreiben vom vergangenen 6. Juli an drei Mitglieder der Südtiroler Landesregierung beginnt mit schlichten Worten – um schnell zur Sache zu kommen. So heißt es schon im nächsten Satz: „Es besteht die Absicht, die Genehmigungsebenen nach unten zu verschieben.“ Will heißen: Die drei Adressaten – neben dem für Forstwirtschaft zuständigen Landeshauptmann handelt es sich dabei um den Landwirtschaftslandesrat Hans Berger und Umwelt- und Urbanistiklandesrat Michl Laimer – sollen dafür sorgen, dass Eingriffe in Feld und Flur, die mit Landschaftsschutzbestimmungen, Raumordnung und Forstgesetz kollidieren, erleichtert werden und dass lästige technische Kontrollinstanzen der Vergangenheit angehören.Die „Bemerkungen und Ergänzungsvorschläge“ kommen als penibel ausgearbeitete Gesetzestextänderungen daher und stammen vom mächtigsten Lobbyisten im Lande: dem Südtiroler Bauernbund (SBB). Dieser hat freilich ganz konkrete Vorstellungen, was in den derzeit in Behandlung befindlichen Omnibusgesetzen drinnenstehen sollte. Mit Omnibusgesetzen, den jährlichen Sammelgesetzen, die die Opposition im Landtag immer wieder gerne als „Anlassgesetzgebung für Parteibuch- und Freunderlwirtschaft“ (Andreas Pöder) bezeichnet, beschließt die Südtiroler Landesregierung bekanntlich Änderungsgesetze, die eine bestimmte Thematik in einer ganzen Reihe von Fachgesetzen ändern. Geht es nun nach dem Südtiroler Bauernbund, soll gar einiges geändert werden. Zum Beispiel sollen viele Eingriffe, die bisher in die Zuständigkeit des Bürgermeisters gefallen sind, über den Modus der sogenannte Bagatell-Eingriffe genehmigt werden: Arbeiten wie Erdbewegungen, Wegebau, Planierungen usw. sollen dadurch eine verwaltungstechnische Vereinfachung erfahren. Allerdings sollen die Schwellenwerte für Bagatell-Eingriffe in einigen Fällen verdoppelt werden: Galten bislang 2.500 Quadratmeter als Obergrenze für Planierungen bei Bagatell-Eingriffen, so sollen es jetzt 5.000 Quadratmeter sein. Geht es nach dem SBB sollen selbst Traktorwege versiegelt werden können. „Wie lange wird es dann dauern, bis asphaltierte Straßen durch Kulturgründe und Wälder führen?“, fragt sich ein Landestechniker. Mit dem „Bürokratieabbau“ geht auch der Abbau einer beim Landschaftsschutz angesiedelte Rekursinstanz einher, die dem Bauernbund nie recht geheuer war: das Kollegium für Landschaftsschutz, ein mit Landesexperten besetztes Gremium. Wörtlich heißt es im Schreiben an die zwei Bauernvertreter in der Landesregierung und den Umweltlandesrat, dass man es „in Zukunft verstärkt mit der Vorgehensweise von 116 Gemeinden zu tun“ habe: „Es handelt sich zudem um Projekte, sodass auch die Landesregierung keine Richtlinien ausgeben kann, um die Gemeinden ,auf Linie‘ zu bringen. Darum ist es wichtig, dass es eine politische Rekursinstanz gibt.“ Die Idee des SBB: „Wir schlagen vor, dass in Zukunft die Landesregierung Rekursinstanz sein sollte und das Kollegium abgeschafft wird.“ Zur Erinnerung: Gegen den Ablehnungsbescheid oder gegen eine vom Bürgermeister an Bedingungen geknüpfte Ermächtigung, können Gesuchsteller bis dato beim Kollegium für Landschaftsschutz Berufung einlegen; während im Normalfall der Bürgermeister die Landschaftsschutzermächtigung erteilt, unterliegen bestimmte Eingriffe im Art. 12 des Landschaftsschutzgesetzes (LG. 16/1970) aufgrund ihrer Wichtigkeit und Tragweite der Ermächtigung durch die Landesverwaltung. Hintergrund dieser Art des Bürokratieabbaus ist das Wissen um eine gängige Praxis, derer sich die Landesregierung gerade bei land- und forstwirtschaftlichen Projekten gerne bedient: Rekurse, die von den Landesumweltexperten abgewiesen wurden, werden von der Landesregierung wohlwollend stattgegeben. Mit der Folge, dass die ungebremste Intensivierung der Landwirtschaft von der Talsohle bis zu den höchsten Almen weithin sichtbar ihre Spuren hinterlassen hat. Das „Fazit“ zum Punkt „Landschafsschutz“ im SBB-Schreiben: „Die Landesregierung muss auch in Zukunft die Aufsichtsinstanz sein und wenn nötig auch korrigierend eingreifen können“.Auch zum Forstgesetz, das „langwierige Genehmigungsverfahren für „Kulturänderungen“ regelt, hat sich der SBB seine Gedanken gemacht. Wer einen Wald in sogenanntes alpines Grün oder landwirtschaftliches Grün umändern will, musste bis jetzt in einer ersten Phase eine Kulturänderung bis hin zur Bauleitplanänderung beantragen, um in einer zweiten Phase ein Detailprojekt für die Baukonzession einzureichen. Der SBB schlägt der Landesregierung nun vor, „beide Schritte durch eine Dienststellenkonferenz in einem einzigen Verfahren“ zusammenzufassen. Mit dem Bürokratieabbau werden für den antragstellenden Grundbesitzer gleichzeitig auch Zwischeninstanzen ausgeschaltet, die in der Vergangenheit Projekte blockiert haben.Von den gesetzesfertigen „Bemerkungen“ des SBB sind selbstredend auch die geltenden Raumordnungsbestimmungen betroffen. Unter anderem hat man es hier auf den an und für sich schon auf tönernen Füßen stehenden Ensembleschutz abgesehen. Wörtlich heißt es im SBB-Schreiben: „Angesichts der Tatsache, dass die Umsetzung des Ensembleschutzes nur sehr schleppend seitens der Gemeinden angegangen wird und von den vornehmlich Betroffenen, also den Landwirten, großer Widerstand gegen die zusätzlichen Auflagen durch den Ensembleschutz kommt, schlagen wir vor, den Ensembleschutz von einer ,Muss-Bestimmung‘ in eine ,Kann-Bestimmung‘ zu ändern.“ Damit, so der SBB, ließe sich „der negative Beigeschmack des Zwangs nehmen“. Das Motto scheint klar zu sein: Weil es mit diesem Schutz eh schon schwierig ist, lassen wir es lieber. Ach, ja! Und dann schreibt SBB-Direktor Siegfried Rinner noch an die drei Regierungsmitglieder: ,Wir hoffen auf die Berücksichtigung unserer Vorschläge und danken bereits im Voraus für ihren Einsatz.‘Markus Larcher

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